Bundesgerichtshof Urt. v. 10.12.2014 – XII ZB 463/13 - Leihmutterschaft - die rechtliche Stellung der "Bestelleltern"
Wird durch die Entscheidung eines ausländischen Gerichts im Fall der Leihmutterschaft die rechtliche Elternstellung den Wunsch- oder Bestelleltern zugewiesen, liegt darin für sich genommen jedenfalls dann noch kein Verstoß gegen den deutschen ordre public, wenn ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist. Eine solche Entscheidung ist daher anzuerkennen.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 18. November 2014 – 5 U 108/14 - Kein Schadensersatz für verkannte Schwangerschaft
1. Ein Schadensersatzanspruch gegen einen Frauenarzt, dem vorgeworfen wird, eine Schwangerschaft fehlerhaft nicht erkannt zu haben, kann nicht damit begründet werden, die Patientin hätte bei
zutreffendem Befund von der Möglichkeit einer Abtreibung nach § 218a Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht, denn diese Form der Abtreibung (sog. Fristenlösung) ist zwar straflos, bleibt aber
rechtswidrig.
2. Beruft sich die Klägerin erstmals im zweiten Rechtszug darauf, dass bei ihr die Voraussetzungen einer medizinisch indizierten Abtreibung nach § 218 a Abs. 2 StGB vorgelegen hätten und sie
von dieser Möglichkeit bei zutreffendem Befund durch den Frauenarzt Gebrauch gemacht hätte, ist das Vorbringen regelmäßig nach § 531 ZPO im Berufungsrechtszug nicht mehr zu
berücksichtigen.
Die Klägerin begab sich im November 2012 in die gynäkologische Behandlung der Beklagten und bat darum, das Vorliegen einer Schwangerschaft abzuklären. Sie wollte zu diesem Zeitpunkt aus
psychischen und finaziellen Gründen kein Kind. Die Beklagte führte eine Ultraschalluntersuchung durch und schloss eine Schwangerschaft aus, allerdings lag diese bereits in der sechsten Woche
vor. Die Klägerin brachte vor, sich bei positiver Kenntnis zu diesem Zeitpunkt für einen Abbruch entschieden zu haben. Die Klägerin warf dem Beklagten vor, der Ultraschall sei unzureichend
gewesen. Es hätten die üblichen weiteren Tests durchgeführt werden müssen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Diagnose der Beklagten ließ die Klägerin am 04. Dezember 2012 eine MRT- und am 17.
Dezember 2012 eine CT-Untersuchung vornehmen. Erst danach stellte sich in der 15. Schwangerschaftswoche festgestellt von einem Endokrinologen die Schwangerschaft unverkennbar heraus, wurde von
der Beklagten bestätigt und von dieser daraufhin eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt, die sich als unauffällig erwies. Bei der Geburt des Kindes stellte sich heraus, dass dessen kleine
Zehen mit den daneben liegenden Zehen verwachsen waren, ansonsten war es vollständig gesund. Mit der Klage verlangte die Klägerin von der Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro und
die Zahlung von Kindesunterhalt. Sowohl das LG als auch das OLG Oldenburg verhalfen der Klägerin nicht zum Erfolg, die Berufung wurde verworfen.
Bundesgerichtshof Urt. v. 16.10.2014 – III ZR 85/14 - Krankenhausrecht - Kein Wahlleistungsentgelt für Honorarärzte
Der BGH hat festgestellt, dass im Krankenhaus nicht fest angestellte Honorarärzte nicht in die Wahlleistungskette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG („Wahlleistungen) einbezogen sind. Es sei auch unzulässig, wenn der Arzt einen eigenen Vergütungsanspruch gegenüber dem Patienten im Wege der Individualvereinbarung begründen wolle.Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entscheiden, lediglich angestellte oder beamtete Ärzte als Wahlärzte zuzulassen. Diese Voraussetzungen erfülle der Beklagte nicht, da er weder originärer Wahlarzt noch in die so genannte Wahlarztkette einbezogen sei. § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG stelle ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB (Gesetzliches Verbot) dar und könne durch eine privatrechtliche Vereinbarung nicht umgangen werden.
OLG Hamm, Urteil vom 07.10.2014 - Az. 4 U 138/13 - gesundheitsbezogene Werbung für "Bach-Blütenprodukte" unzulässig
Der beklagte Apotheker betreibt eine Versandapotheke, die auch Verbraucher beliefert. Über diese bietet er von einer Hamburger Firma vertriebene Bach-Blütenmischungen an. In den Werbeaussagen
zu diesen Produkten heißt es unter anderem, dass die «Rescue-Original Bach-Blütenmischung» gerne «in emotional aufregenden Situationen wie zum Beispiel einer Flugreise, einer Prüfung, einem
Zahnarzttermin oder im Job verwendet wird» und «uns unterstützen kann, emotionalen Herausforderungen zu begegnen». Der Kläger, ein in Berlin ansässiger Wettbewerbsverband, hat diese Werbung
für unzulässig gehalten, weil den als Lebensmittel anzusehenden Bach-Blütenessenzen Wirkungen beigelegt würden, die zumindest wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert seien. Das
Landgericht gab dem Kläger Recht.
Das Oberlandesgericht bestätigte das LG, die Werbung gegen Art. 10 Abs. 3 der Europäischen Health Claim VO (HCVO), VO (EG) Nr. 1924/2006 verstoße. «Bach- Blütenprodukte» seien Lebensmittel im
Sinne der HCVO. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien unspezifische gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle
gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sogenanntes Kopplungsgebot). Da den in Frage stehenden Werbeaussagen keine solchen Angaben beigefügt seien, seien sie als unzulässig zu untersagen.
Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 3 HCVO sei anzuwenden, auch wenn die in Frage stehenden Listen noch nicht vollständig vorlägen.
Landgericht Dortmund, Urteil vom 01.10.2014 - AZ folgt
Das Landgericht Dortmund hat eine Hebamme und Ärztin wegen Totschlags zu 6 Jahren und 9 Monaten haft sowie zu lebenslangem Berufsverbot verurteilt.
Bei einer geplanten und gewünschten Hausgeburt kam es zu einer riskanten Beckendlage. Trotz der stundenlangen Geburt und der risikoträchtigen Situation hat es die Veruteilte nach Ansicht des Gerichts aus Prinzip unterlassen die Schwangere in ein Krankenhaus zu überweisen. Sie hätte hierbei "unverantwortlich" gehandelt, indem sie berufsrechtliche Regeln missachtet und wissenschaftliche Erkenntnisse negiert hat. Das Kind ist aufgrund von Sauerstoffmangel tot zur Welt gekommen.
Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht - wird nachgereicht. Lediglich der Presse können diese Informationen entnommen werden:
Bundessozialgericht, Urteil vom 02.07.2014 – B 6 KA 30/13 R
Das Bundessozialgericht (BSG) hat eine höhere Vergütung für die Behandlung von Notfällen in Krankenhausambulanzen abgelehnt. Notfallleistungen sind für Vertragsärzte und nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Institutionen nach den EBM-Nummern 01210 bis 01218 abrechenbar. Einer Abrechnung nach den Nummern 01100 und 01101 (wie Vertragsärzte für Patienten außerhalb der Sprechstundenzeiten und des organisierten Notdienstes) erteilte das BSG eine Absage und wies die Klage einer Hamburger Klinik auch in dritter Instanz ab.
Bundessozialgericht, Urteile vom 02.07.2014 – B 6 KA 25/13 R und B 6 KA 26/13 R
Wehrt sich ein Arzt gegen einen Arzneimittelregress, muss er nicht erst Widerspruch beim Beschwerdeausschuss einlegen, sondern kann direkt Klage erheben, wenn die Arzneimittel-Richtlinie das
umstrittene Arzneimittel oder den umstrittenen Wirkstoff unmittelbar ausschließt. Streitigkeiten im Zusammenhang mit Off-Label-Use gehören dagegen immer zuerst vor den Beschwerdeausschuss,
entschied das BSG, denn es seien beim Off-Label-Use derart komplexe Fragen medizinischer Natur zu prüfen, dass die In-Anspruchnahme des des Beschwerdeausschusses im Vorfeld der Klage geboten ist.
OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2014, I-26 U 4/13, 26 U 4/13 - Arzthaftungsrecht: Schmerzensgeld nach Schulteroperation
Das OLG Hamm hat der Klägerin wegen des Funktionsverlusts der linken Schulter nach einer nicht indizierten und fehlerhaft ausgeführten Operation ein Schmerzensgeld von 50.000,- Euro zugesprochen.
Beide Indikatoren zusammen, die nicht indizierte Operationsmethode und deren dann auch noch fehlerhafte Ausführung haben die Bewertung als groben Behandlungsfehler gerechtfertigt.
Weiterhin habe
die Klinik auch künftigen Schadenersatz (Feststellungsinteresse) zu leisten. Die fehlerhafte Durchführung der Operation hat zur Zerstörung des Schulterdachs bei der Klägerin geführt. Daraus
resultierend erleide die Klägerin täglich gravierende Einschränkungen ihrer Lebensqualität. Ungeachtet dessen habe sie eine Vielzahl von Revisionseingriffen ertragen müssen. In erster Instanz war
der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,- zugebilligt worden, dieses wurde von ihr als zu gering betrachtet.
BGH Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13; Das „Jameda-Urteil“
Der BGH lehnt den Anspruch eines Arztes auf Löschung seiner Daten aus einem Ärztebewertungsportal ab, vgl. Pressemitteilung 132/14 vom
23.09.2013.
Das Recht auf freien Meinungsaustausch im Internet wurde unterstützt und erweitert. Ärzte müssen sich anonyme Bewertungen in einem Internetportal gefallen lassen, solange diese keine
Falschbehauptungen oder Schmähkritik enthalten. Auf dem Ärztebewertungsportal www.jameda.de können Nutzer kostenlos Informationen über Mediziner abrufen
(Fachrichtung, Praxisanschrift, Kontaktdaten etc.), besonders relevant sind allerdings für die meisten Besucher des Fachportales die anonymen Bewertungen der ärztlichen Leistung durch andere
Patienten, die das Bewertungsportal bereits genutzt haben. Ein niedergelassener Arzt hoffte, mit seiner Klage die Löschung seiner gesamten Daten und Bewertungen auf der Website zu erstreiten, da
er darin eine Persönlichkeitsrechtsverletzung erkannte.
Zur Begründung des ablehnenden Urteils führten die Richter an, dass es ein hohes öffentliches Interesse an Bewertungs-Foren im Internet gebe. Zwar wäre zuzugestehen, dass ein Arzt durch die automatische Aufnahme in ein Bewertungsportal durchaus belastet wäre, dennoch überwiege das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung das Recht des Bewertungsportals auf Kommunikationsfreiheit nicht. Das Bewertungsportal sei deshalb nach § 29 Abs. 1 BDSG zur Erhebung, Speicherung und Nutzung sowie nach § 29 Abs. 2 BDSG zur Übermittlung der Daten an die Portalnutzer berechtigt. Das Portal „Jameda“ stelle mit dieser Vorgehensweise potentiellen Patienten die erforderlichen Informationen zur Verfügung.
Unwahre Tatsachenbehauptungen oder stigmatisierende Äußerungen müsse der Arzt in seinem Bewertungsprofil gleichwohl nicht hinnehmen.
Der Betreiber eines Ärztebewertungsportals im Internet ist auch im Falle einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Bewerteten grundsätzlich nicht ohne weiteres dazu verpflichtet, ohne
Einwilligung des Bewertenden dessen personenbezogene Daten an den Bewerteten zu übermitteln. Eine Übermittlung personenbezogener Nutzerdaten an Dritte sei gem. § 12 Abs. 2 Telemediengesetz ohne
eine Einwilligung des betroffenen Nutzers nur zulässig, soweit eine auf Telemedien bezogene Rechtsvorschrift dies ausdrücklich erlaubt, befand das Gericht. Die Klage auf Auskunftserteilung wurde
dementsprechend abgewiesen.
An dieser Stelle verweisen wir gerne auf den Blogeintrag von RA Dr. Martin Gerecke, M. Jur. (Oxford)
OLG Koblenz, Beschluss vom 30.06.2014, 5 U 483/14 - Arzthaftungsrecht: Umfang der Aufklärungspflicht hinsichtlich medizinischer Fachausdrücke bei Krebserkrankung
Kann sich nach brusterhaltender Entfernung eines Mammakarzinoms das Erfordernis einer Chemotherapie ergeben, muss der Arzt nicht bereits vor dem Ersteingriff darüber
aufklären, dass es unter der Chemotherapie zu einem Paravasat (ein Paravasat entsteht bei Injektionen oder Infusionen, wenn die Injektions- oder Infusionsflüssigkeit in das Gewebe neben dem
punktierten Gefäß gelangt, statt in das Gefäß selbst) kommen kann.
Die Aufklärung eines mit der ärztlichen Terminologie nicht vertrauten Patienten ist von medizinischen Fachausdrücken
freizuhalten und in für den Laien verständlicher Sprache zu führen. Daher ist es unschädlich, dass der Arzt den Fachbegriff „Paravasat“ bei der Aufklärung nicht benutzt hat. Dass die Beklagte zu
2. bei der Unterrichtung der Klägerin den Begriff des Paravasats nicht erwähnte, war nicht fehlerhaft. Das Aufklärungsgespräch ist nach Möglichkeit von medizinischen Fachausdrücken freizuhalten
und in für den Laien fassbarer Sprache zu führen. Dem wurde laut Urteil die Beklagte zu mit ihrer Wortwahl gerecht, indem sie die Dinge allgemein verständlich darstellte. Es gab keinen Anhalt
dafür, dass die Klägerin der Beklagten nahe gebracht habe, auf medizinischem Gebiet bewandert und mit der einschlägigen Terminologie vertraut zu sein und dass das Aufklärungsgespräch entsprechend
zu gestalten sei. Es war darüber hinaus für die Beklagte nicht erforderlich, Ausführungen dazu zu machen, welche Einzelfaktoren ein Paravasat würden auslösen können. Hypothetische Kausalitäten
brauchten nicht erörtert zu werden. Es reichte hin, die Risikosituation aufzuzeigen. Dadurch würde keine Verharmlosung Situation eintreten.
OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2014, I-26 U 112/13 - Arzthaftungsrecht – Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht bei Sterilisation
Das OLG Hamm hat die Abweisung der Arzthaftungsklage eines Ehepaares bestätigt, bei dem es nach der Operation zur Sterilisation der Frau zu einer ungewollten
Schwangerschaft gekommen ist. Die Beweislast für eine Verletzung der Informationspflicht in Bezug auf die Möglichkeit einer erneuten Schwangerschaft nach einer Sterilisation liege bei der
Patientin, so das Gericht. Daher müsse im Arzthaftungsverfahren sicher feststehen, dass der Hinweis auf die Versagerquote nach der Operation unterblieben ist.
Dem OLG zufolge sei kein Nachweis
erfolgt, dass dem beklagten Arzt Fehler bei der Wahl der Operationsmethode und/oder der Operationsdurchführung unterlaufen sind. Daraus, dass offenbar ein Fimbrientrichter (Ende der Eileiter) der
Klägerin nur zum Teil entfernt worden ist, könne kein kausaler Behandlungsfehler hergeleitet werden; die Schwangerschaft sei auch nicht zwangsläufig hierauf zurückzuführen.
Auch einen
Aufklärungsfehler sah das Gericht nicht. Den Beweis dafür, dass der Beklagte gegen seine Informationspflicht in Bezug auf die Notwendigkeit weiterer Verhütungsmaßnahmen auch nach der
Sterilisation bei dem Wunsch nach 100%-igem Schutz vor einer Schwangerschaft verstoßen hat, sei nicht erbracht worden. Vielmehr habe ein Zeuge glaubhaft bestätigt, die Klägerin sei darauf
hingewiesen worden, dass bei der Sterilisation naturwissenschaftlich kein 100%-iger Schutz vor einer neuen Schwangerschaft bestehe.
BGH Beschluss vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14 - Pflegedienst, der nicht ausreichend qualifiziertes Personal einsetzt und abrechnet, begeht Betrug
Der 4. Strafsenat hatte über die Revision der Betreiberin eines ambulanten Pflegedienstes zu entscheiden, die wegen Betrugs und Urkundenfälschung in zahlreichen Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden war. Konkret ging es um die überhöhte Abrechnung von Pflegestunden im Zusammenhang mit der Behandlung eines Wachkomapatienten sowie
die wahrheitswidrigen Angabe, Pflegepersonal eingesetzt und beschäftigt zu haben, welches indes die vertraglich vereinbarte Qualifikation nicht aufwies. Wenngleich das SGB V bezüglich der
häuslichen Krankenpflege auch keine besondere Qualifikation der von den Leistungserbringern eingesetzten Personen fordert, sind die Krankenkassen jedoch berechtigt, den Abschluss von Verträgen
über derartige Leistungen von einer bestimmten formalen Qualifikation des Pflegepersonals abhängig zu machen. Der durch das betrügerische Handeln entstandene Vermögensschaden entfiel nicht
dadurch, dass die Kranken- und Pflegeversicherung die dem Patienten geschuldeten Leistungen nicht mehr erbringen musste.
AG Gießen, Urteil vom 12.06.2014 - 507 Cs 402 Js 6823/11 - Ärztliches Berufsrecht: „Wunderheiler“ freigesprochen
Die Tätigkeit eines "Wunderheilers" (z.B. Heilung durch Pendeln, Handauflegen oder per Telefon) ist von der Berufsfreiheit geschützt, wenn der Heiler das Vorhandensein wissenschaftlicher Belege nicht vortäuscht und seine Kunden nicht davon abhält, auch Ärzte aufzusuchen. Das AG Gießen sprach einen angeblich durch „geistige Kräfte“ heilenden, ohne Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde handelnden Angeklagten frei. Es sah weder einen Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz noch Betrug darin. Denn der Betroffene übe gar keine Heilkunde aus. Letzteres setze nämlich voraus, dass die Tätigkeit neben Heilung auch "nennenswerte gesundheitliche Schädigungen verursachen" kann. Für einen Betrug fehle es an einer Täuschung, da der Angeklagte nie angegeben habe, Arzt oder geprüfter und zugelassener Heilpraktiker zu sein. Eine Täuschung habe lediglich darin liegen können, dass der Angeklagte damit warb und angab, Krankheiten mittels seiner „geistigen Kräfte“ heilen zu können. Hier wiederum würde es für die Erfüllung des Tatbestandes fehlt es am Täuschungsvorsatz fehlen. Der Angeklagte glaube an seine entsprechenden übersinnlichen Fähigkeiten.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil v. 06.06.2014 – 26 U 14/13
Ein Zahnarzt, der nach einer Therapie mittels Protrusionsschienen provisorischen Zahnersatz verfrüht eingliedert, handelt grob fehlerhaft und haftet der betroffenen Patientin auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld, entschied das Oberlandesgericht Hamm.
OLG Oldenburg, Urteil vom 30.05.2014 - 5 U 216/11 - Minderwuchs bei Asylbewerberin verkannt: 40.000 Euro Schmerzensgeld
Im Jahr 2005 suchte die damals achteinhalbjährige Klägerin nach Überweisung ihres Kinderarztes das Krankenhaus auf. Dort wurde der vier Jahre später bei der Klägerin diagnostizierte Minderwuchs
nicht erkannt. Als vertraulicher Zusatz auf dem Arztbrief an den Kinderarzt vermerkte der behandelnde Oberarzt, die Klägerin habe lediglich einen Versicherungsschein nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz, der weitere Untersuchungen und eine eventuelle Therapie untersage. Die Klägerin und ihre Familie sind syrische Staatsangehörige und lebten 2005 als Asylbewerber in
Deutschland. Das Krankenhaus hatte noch in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht die Auffassung vertreten, dass es nicht verpflichtet gewesen sei, den Gesundheitszustand der Klägerin in
einem größeren Umfang als geschehen abzuklären, weil diese Behandlung nicht abrechnungsfähig gewesen wäre.
Das OLG Oldenburg hat das Krankenhaus zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt und es verpflichtet, künftige Schäden, die der Klägerin aus der fehlerhaften Behandlung entstehen, zu
ersetzen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens fest, dass es der das Mädchen behandelnde Arzt des Krankenhauses versäumt hat, aus den erhobenen
Befunden die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der behandelnde Arzt hätte, so der gerichtliche Sachverständige, auf der Grundlage der Ergebnisse sichere Feststellungen auf eine zu frühe
Pubertätsentwicklung mit erkennbarer Beschleunigung der Skelettalterung und erheblicher Einschränkung der Wachstumsprognose treffen müssen. Dem sei das Gericht gefolgt und habe einen
Behandlungsfehler festgestellt. Darüber hinaus habe die Beweisaufnahme ergeben, dass der Krankenhausarzt den Vater der Klägerin nicht über die gebotenen Therapiemaßnahmen aufgeklärt hatte. Dem
Vorwurf einer fehlerhaften Behandlung und unzureichenden therapeutischen Aufklärung könne die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Klägerin lediglich einen Krankenschein für eine
ärztliche Behandlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vorgelegt habe und dieser nur die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände notwendigen Kosten abdecke. Nachdem der
behandelnde Arzt mit der Behandlung begonnen hatte, hätte er die Klägerin und ihren Vater zumindest darüber aufklären müssen, dass eine weitere Behandlung aus Kostengründen nicht erfolgen könne.
Sodann hätte die Klägerin, dies stehe nach Vernehmung von Zeugen fest, die weiteren Behandlungskosten teilweise von Familienmitgliedern privat finanziert, teilweise durch eine Krankenversicherung
des Vaters gezahlt bekommen.
Die Höhe des Schmerzensgeldes habe das Oberlandesgericht nach den Auswirkungen des Behandlungsfehlers für die Klägerin bemessen. Sie sei heute 144 cm groß, hätte aber beim Erkennen des
Minderwuchses durch das Krankenhaus eine Körpergröße von 156 cm erreichen können. Der Vorwurf des Verstoßes gegen die Aufklärungspflichten baut auf dem Diagnoseirrtum auf. Geht man davon aus,
dass eine richtige Diagnose erstellt worden wäre, so hätte der Arzt die Diagnose Minderwuchs dem Patienten mitteilen müssen und ihn (therapeutisch) darüber aufklären müssen, dass eine weitere
Behandlung nötig ist, diese aber zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich ist sondern privat erfolgen müsste.
Sozialgericht München, Urteil vom 28.05.2014 – S 38 KA 477/13
Ein Unfallchirurg wollte die Genehmigung einer Praxisfiliale für die exklusive Behandlung von sieben Gebührenordnungspositionen des EBM erstreiten. Der Klage lag die Argumentation zugrunde, dass
es eine hohe Anzahl von Patienten mit MRSA (multiresistenten Keimen) gebe, die eine spezialisierte, gesonderte Behandlung benötigen würden, für welche er resultierend aus der hohen
Ansteckungsgefahr eine aus dem gewöhnlichen Praxisbetrieb ausgegliederte weitere Praxis benötigen würden.
Das SG hat keinen Anspruch des Klägers auf eine Filialgenehmigung am beantragten Standort abgeleitet. Für eine solche Genehmigung kommt es nur auf die Verbesserung der Versorgungssituation vor
Ort an. Erforderlich sei, dass das bestehende Leistungsangebot zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer, unter Umständen auch in quantitativer Hinsicht erweitert würde. Dies sei nach dem
Klagebegehren des Chirurgen nicht der Fall, da geplant war, in dem Filialbetrieb lediglich die einzelnen chirurgischen Leistungen zu erbingen.
Ein erhöhtes Risiko der Keimübertragung sei auch in Anbetracht der hohen Zahl an MRSA Patienten nicht zu befürchten, da multiresistente Keime nicht durch sog. "Tröpfcheninfektion" übertragen
werden. Das Risiko der Übertragung von MRSA ist nach dem derzeitigen Stand der Medizin mit einer strikten Einhaltung der Hygienevorschriften beherrschbar. Folgte man der Argumentation des
Klägers, hätten ärztliche Leistungserbringer aller Fachrichtungen Patienten mit Ansteckungspotential zu separieren und für diese Separation Filialpraxen zu gründen, dies sei im Ergebnis nicht
darstellbar.
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil v. 22. Mai 2014 – 6 U 24/14
Eine nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG verbotene, da irreführende Werbung mittels einer Empfehlung liegt auch dann vor, wenn die Empfehlung nicht von einer natürlichen Person, sondern von
einer Organisation abgegeben worden sein soll. Als Empfehlung im Sinne der genannten Vorschrift gilt in diesem durch das Gericht zu entscheidenden Fall das einem Testinstitut zugeschriebene
"Gesamturteil sehr gut". Der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde lag, war, dass in einer Zeitschrift für ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel mit dem Hinweis „ÖKO-TEST
Gesamturteil sehr gut“ geworben wurde. Dem verständigen Durchschnittsverbraucher war vorenthalten worden, dass die Wirksamkeit des beworbenen Erzeugnisses von der Stiftung Öko-Test gar nicht
geprüft worden war.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2014 – VI ZR 381/13
Eine neue Entscheidung zu den Fällen der Chorea Huntington-Erbkankheit: diesmal ging es um die Frage, ob der Arzt, der die Mutter minderjähriger Kinder über eine tödliche und vererbbare
Erkrankung des Vaters informiert, für die bei der Mutter daraus resultierende Depression haften muss.
In zweiter Instanz war der Beklagte zur Schadensersatzzahlung verurteilt worden. Der BGH hob die Entscheidung im Revisionsverfahren auf. Als Überbringer einer Nachricht könne der Arzt nicht
verantwortlich gemacht werden. Die Klägerin sei nicht in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, da die genetische Veranlagung ihrer Kinder von der Diagnose betroffen ist. Das Recht der Kinder „auf
Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung“ kann von der genetisch nicht von der Diagnose betroffenen Mutter im eigenen Namen nicht geltend gemacht werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2014 – VI ZR 187/13 - Zur abgrenzbaren Teilkausalität und der Bestimmung des Schadensanteiles
Die zivilrechtliche Haftung des behandelnden Gynäkologen, der Hebamme, der Kinderkrankenschwester und des Trägers des Belegkrankenhauses stand im Rahmen eines Revisionsverfahrens bei dem BGH auf
dem Prüfstand. Es ging materiell-rechtlich um die Möglichkeit der Abgrenzung von Teilen des Gesundheitsschaden im Falle der Mitverursachung der Gesundheitsverletzung.
Nach den bindenden Feststellungen des Grund- und Teilurteils war beim Kläger in den Minuten vor der Geburt ohne eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten eine Hirnblutung und damit eine
Gesundheitsverletzung eingetreten, wobei der Minuten vor der Geburt verursachte schicksalhaft eingetretene Schadensanteil in der Grund- und Teilentscheidung aufgrund der Ausführungen der
Sachverständigen mit mindestens 80 % angenommen und demgemäß der Haftungsanteil der Beklagten auf maximal 20 % beschränkt worden war. Der BGH hat die Möglichkeit einer derartigen Beschränkung auf
einen Haftungsteil von 20 % akzeptiert. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Behandlungsfehler der Beklagten nämlich nur zu einem
entsprechend abgrenzbaren Teil des Schadens geführt, also eine sog. abgrenzbare Teilkausalität vorgelegen. Der – durch das nicht pflichtwidrige – „kristellern“ (sog. kristellern bezeichnet eine
Methode, mit der durch wehensynchronen Druck auf das Gebärmutterdach in der Austreibungsphase die Geburt des Kindes beschleunigt werden kann. Der Handgriff darf erst bei den letzten
Austreibungswehen bei sichtbarem kindlichen Kopf angewandt werden und wird unter Geburtshelfern kritisch gesehen) verursachte traumatische Schaden war bereits unter der Geburt irreparabel
eingetreten, so dass es auch bei seiner frühzeitigen Feststellung bei der nachgeburtlichen Betreuung und Behandlung nur noch um die nachgeburtliche Stabilisierung des Zustandes des Klägers ging.
Die Mitursächlichkeit steht der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich grund- sätzlich in vollem Umfang gleich. Dies ist aber ausnahmsweise nicht der Fall, wenn feststeht, dass der
Behandlungsfehler nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat, also eine sog. abgrenzbare Teilkausalität vorliegt. Erforderlich ist hierfür allerdings stets, dass sich der
Schadensbeitrag des Behandlungsfehlers einwandfrei von dem anderen Schadensbeitrag – etwa einer Vorschädigung des Patienten – abgrenzen und damit der Haftungsanteil des Arztes bestimmen lässt.
Anderenfalls verbleibt es bei der Einstandspflicht für den gesamten Schaden, auch wenn dieser durch andere, schicksalhafte Umstände wesentlich mitverursacht worden ist.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.05.2014 – I-26 U 178/12, 26 U 178/12
Einfache Behandlungsfehler können, wenn sie zu gehäuft oder zu mehreren auftreten, in einer Gesamtschau als grob fehlerhaft bewertet werden. Diesem Urteil lag ein Fall aus dem Bereich des
Geburtsschadensrechts zugrunde. Es wurde vorliegend auf eine gebotene Mikroblutuntersuchung des Kindes verzichtet, nach Facharztstandard wäre dann die Entbindung des Kindes schnellstmöglich zu
veranlassen gewesen. Wird bei mehreren pathologischen CTG-Werten immer noch die Geburt verzögert, kann dies im Gesamtrahmen als grober Behandlungsfehler zu werten sein.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 15.05.2014 – 13 WF 22/14
Nach der Samenspende des Anspruchstellers brachte eine der Frauen eines lesbischen Paares im Jahr 2012 ein Kind zur Welt. Der Mann verlangte Auskunft über seine Tochter. Das OLG Hamm sprach dem Mann Verfahrenkostenhilfe zu, damit er seinen Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen könne. Er habe einen Anspruch darauf, in gewissem Umfang über die Entwicklung und das Wohl des Kindes unterrichtet zu werden.
www.olg-hamm.de/behoerde/presse/02_aktuelle_mitteilungen/index.php
Dieses Urteil korrespondiert mit dem Aussagegehalt des Urteils des
Oberlandesgerichts Hamm v. 06.02.2013 – I-14 U 7/12
Verfahrensgang: 2 O 260/11 (vorher) in dem entschieden wurde, dass ein Kind einen Auskunftsanspruch habe, seinen genetischen Vater bei der Samenspende zu erfahren.
1. Das Interesse des durch eine heterologe Insemination gezeugten Kindes, seine genetische Abstammung zu erfahren, kann im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher zu bewerten sein als die Interessen des beklagten Arztes und der Samenspender an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. In diesem Fall kann das Kind vom behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen.
2. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem behandelnden Arzt, die Anonymität des Samenspenders zu wahren, stellt im Verhältnis zu dem ungeborenen Kind einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter dar.
3. Die Auskunftserteilung ist dem beklagten Arzt erst dann unmöglich, wenn er die benötigten Informationen auch nach einer umfassenden Recherche nicht mehr beschaffen kann.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 25.03.2014 – 26 U 135/13
Wie das OLG Hamm entschieden hat, sind Ärzte nicht dazu verpflichtet, die angebotene Lebendspende eines Organs durchführen, wenn zum Beispiel für den Spender ein tödliches Risiko von einem
Prozent in Kauf genommen werden müsste. Bestehen nach den sog. Mailand-Kriterien keine reellen Chancen für die Zuteilung eines Spenderorgans, müssen Krankenhäuser betroffene Patienten nicht bei
Eurotransplant anmelden.
Die Witwe eines Patienten hatte mehrere Ärzte auf Schmerzensgeldzahlung verklagt, weil diese den an einer Leberzirrhose leidenden Mann vor seinem Tod nicht angemeldet und auch das Angebot einer
Lebendspende der Leber seines Sohnes nicht angenommen hatten.
Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen, weil keine Behandlungsfehler festgestellt werden konnten. Zu keinem Zeitpunkt habe eine Anmeldemöglichkeit bei Eurotransplant bestanden, so die
Gerichte. Lebendspenden würden in Deutschland zudem nur durchgeführt, wenn auch die Möglichkeit einer Transplantation bestehe.
In einem anderen Verfahren beim Verwaltungsgericht München - M 17 K 13.808 - hatte eine von der Organspender-Warteliste gestrichene Frau gegen das Münchner Universitätsklinikum Großhadern
geklagt. Die Klage der von der Deutschen Stiftung Patientenschutz unterstützten ehemaligen Patientin scheiterte jedoch aus formellen Gründen. So blieb die Frage, nach welchen Kriterien Patienten
auf die Warteliste für eine Organtransplantation zu setzen und wieder von dieser zu entfernen sind, gerichtlich ungeklärt.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.03.2014 – 26 U 115/11
Wird vor einer Operation eine Blutgerinnungsstörung nicht abgeklärt, obwohl die anamnestischen Angaben und die pathologischen Blutwerte hierzu Veranlassung geben, liegt ein Befunderhebungsfehler
des Arztes vor, der als grober Behandlungsfehler zu klassifizieren ist - mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Darlegung des Beweises. Prä-OP war von der Beklagten die
Gerinnungsstörung weder diagnostiziert noch therapiert worden, auch die gebotene Abstimmung mit dem Hausarzt über die in Fällen dieser Art vor und bei Eingriffen anzusetzende Medikation
unterblieb. Post-OP kam es zu erheblichen Nachblutungen. Konsequenz daraus war, dass die Klägerin mit zahlreichen kostenintensiven Behandlungen stationär und auch intensivmedizinisch versorgt
werden musste.
Fehlt es an der präoperativen Behandlung der Blutungsstörung, ist das ein grober Behandlungsfehler, das dies aus objektiver Sicht nicht verständlich ist und einem Arzt schlechterdings nicht
unterlaufen darf. Der Patient erfährt im Verfahren diesbezüglich vollumfänglich eine Beweislastumkehr, da der Gegenbeweis, dass die Nachblutungen nicht auf der unterlassenen Gerinnungstherapie
beruhten, die Beklagte nicht antreten konnte.
Europäischer Gerichtshof, Urteil im Vorabentscheidungsverfahren vom 13.3.2014, Az. C-366/12
Ein Urteil aus dem gemeinschaftlichen Steuerrecht, konstatierend, dass bei der Verabreichung von entsprechenden Medikamenten durch ermächtigte Ärzte im Rahmen ambulanter Krebsbehandlung eine Umsatzsteuer anfällt. Nach dem Urteil des EuGH ist die Abgabe von Zytostatika durch ermächtigte Ärzte bei einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus allenfalls dann steuerfrei, wenn die Medikamentenabgabe in tatsächlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht von der ärztlichen Heilbehandlung getrennt werden kann. Gegen eine Untrennbarkeit spricht allerdings der Umstand, dass die Lieferung der Medikamente im Krankenhaus durch eine andere Person erfolge als die Behandlung, welche im Regelfall immer eine andere Person mit den gelieferten Zytostatika vornehme. Die Rechtsprechung zur sachlichen Steuerbefreiung von wirtschaftlichen Tätigkeiten in gemeinnützigen Krankenhäusern zeigt die Differenzierung zwischen ertragsteuerlicher und umsatzsteuerlicher Steuerbefreiung. Während die Medikamentenabgabe im Rahmen der Ertragssteuer zum kraft Gesetz fingierten Zweckbetrieb des gemeinnützigen Krankenhauses gem. § 67 AO gerechnet wird - der Begriff des Zweckbetriebs ist weit auszulegen, BFH, Urt. v. 31.7.2013, I R 82/12 und I R 31/12-, gilt dies für den Bereich der Umsatzsteuer nicht. Die Umsatzsteuerbefreiung ist auf die Heilbehandlung des Krankenhauses zu beschränken. Sie ist aber nicht auf die an das gemeinnützige Krankenhaus angeschlossene Krankenhausapotheke anwendbar.
BGH Urteil vom 6. März 2014, Az. III ZR 320/12 - Inanspruchnahme des staatsanwaltschaftlich beauftragten Gutachters auf Schmerzensgeld, Amtshaftung anstelle von
Privathaftung
Einem als beamteten Professor für Rechtsmedizin und Leiter des Instituts für Forensische Toxikologie an einem Zentrum der Rechtsmedizin tätigen Sachverständigen wurde die Erstellung eines
fehlerhaften Gutachtens bei einer Todesfalluntersuchung vorgeworfen. Hintergrund war die Behandlung durch einen Chefarzt, der einer 91-jährigen Patientin wegen starker Übelkeit und Luftnot
Morphin verabreicht hatte. Wenige Minuten später verstarb die Patientin an akutem Herz- und Kreislauf-Versagen. Die Staatsanwaltschaft veranlasste deshalb eine Obduktion durch den beklagten
Sachverständigen, der im Blut der Verstorbenen 6-Monoacetylmorphin (6-MAM) feststellte, das als kurzlebiges Abbauprodukt eine kurze Zeit zuvor erfolgte Heroinapplikation beweist. Die Büro- und
Diensträume des Chefarztes wurden daraufhin durchsucht und dieser wegen Mordverdachts verhaftet. Nicht nur Geschäftsführer und Mitarbeiter der Klinik, sondern auch die Presse wurden von dem
Vorfall unterrichtet.
Später stellte sich heraus, dass der Sachverständige der Staatsanwaltschaft das bereits zuvor eingetroffene Ergebnis der Hirngewebsuntersuchung, bei dem kein 6-MAM nachgewiesen worden war, nicht
mitgeteilt hatte. Das Ermittlungsverfahren gegen den Chefarzt wurde eingestellt. Mit seiner Klage verlangte der Chefarzt Schmerzensgeld vom beklagten Gutachter in Höhe von 150.000 Euro, da durch
die Ermittlungsmaßnahmen und die Presseberichterstattung sein Ruf dauerhaft und irreparabel geschädigt worden sei. Der BGH wies die Klage insgesamt ab, da eine Haftung entsprechend § 839a BGB
hier ausscheide. Die durchgeführte Obduktion und toxikologische Untersuchung seien Teil eines Todesfallermittlungsverfahrens, das der Gutachter wegen §§ 159, 87 ff. Strafprozessordnung (StPO) im
Rahmen seines anvertrauten öffentlichen Amtes erbracht habe – und nicht als Privatmann.
Rechtliche Folge einer solchen Konstellation seien nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz GG und über dessen Wortlaut hinaus auch Gutachten von Sachverständigen umfasst, so dass eine
persönliche Haftung des Sachverständigen ausscheide. Der Staat bzw. die jeweilige Anstellungskörperschaft, in dessen Dienst der Sachverständige steht, trete in diesem Fall an die Stelle des
hoheitlich tätig gewordenen Sachverständigen und übernehme dessen Haftung
Sozialgericht Berlin Urteil vom 26.02.2014, Az. S 208 KR 2118/12
Das SG Berlin hat entschieden, dass ein als „mobiler Anästhesist“ in unterschiedlichen Kliniken und Praxen aufgrund von Honorarverträgen selbständig tätiger Arzt nicht als Scheinselbstständiger im Sinne des Sozialversicherungsrechts anzusehen ist.
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 25.02.2014 – 26 U 157/12
Der beklagte Hautarzt diagnostizierte bei dem Kläger vor einigen Jahren ein Basalzellkarzinom an der rechten Wange. Auf Anraten des Beklagten entschied sich der Kläger für eine
Alternativbehandlung in Form einer fotodynamischen Therapie, obgleich er auch die OP hätte durchführen lassen. Nach einigen Jahren trat die Krebserkrankung erneut auf - resultierend daraus musste
sie in den folgenden Jahren mehrfach operativ nachbehandelt werden. Mit der Begründung, der Beklagte habe ihn fehlerhaft mit einer fotodynamischen Therapie behandelt und nicht ausreichend
aufgeklärt, verlangte der Kläger Schadensersatz, dieser wurde ihm in Höhe von 16.100,- € nebst Zinsen und dem Ersatz des vollumfänglichen Festestellungsinteresses zugesprochen. Zur Begründung
wurde angeführt, dass der Beklagte den Kläger fehlerhaft mit einer fotodynamischen Therapie behandelt und ihn nicht ordnungsgemäß über die naheliegende (Goldstandard-)Behandlungsmethode
aufgeklärt habe. Wendet ein Arzt nicht die Therapie der 1. Wahl, den sogen. "Golden Standard", sondern die Therapie der 2. Wahl an, so liegt darin ein Behandlungsfehler. Verlässt der Arzt den
sogen. "Golden Standard" ohne den Patienten hierauf hinzuweisen, so handelt er jedenfalls dann grob fehlerhaft, wenn der Patient bereits zur Durchführung der Therapie der 1. Wahl entschlossen
war.
Landgericht Koblenz - 24. 02.2014 - Az. 10 O 481/06
Behandlungsfehler: Querschnittslähmung BWK 8 durch Staphylococcus-aureus-Sepsis
Der Kläger begab sich Ende 1997 in stationäre Behandlung eines norddeutschen Krankenhauses. Hier zog er sich eine Staphylokokkeninfektion zu. Nach seiner Entlassung begab er sich zur Nachbehandlung in weitere Kliniken. In einer Rehaklinik verschlechterte sich sein Allgemeinzustand und es traten Lähmungserscheinungen an beiden Beinen auf. Dennoch reagierten die Mediziner nicht. Eine Verlegung in eine neurochirurgische Klinik erfolgte verspätet, da bereits eine vollständige Querschnittslähmung eingetreten war.
Nachdem das Landgericht Koblenz die Klage zunächst als unbegründet abgewiesen hatte, gelang es den Prozessvertretern des Klägers in der Berufungsinstanz vor dem Oberlandesgericht Koblenz, gegen
zwei der Beklagten die Feststellung zur Haftung dem Grunde nach zu erzielen. Hiergegen zogen diese bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit einer Nichtzulassungsbeschwerde, die jedoch
zurückgewiesen wurde. Das OLG Koblenz verwies den Rechtsstreit zur Feststellung der konkreten Höhe der Ansprüche wieder an das erstinstanzlich befasste Gericht, das Landgericht Koblenz zurück.
Dieses wies die Parteien darauf hin, dass das Verfahren sich noch lange Zeit hinziehen würde, wenn man sich nicht vergleichsweise einigen würde und schlugen als pauschale Entschädigung eine Summe
von 350.000, Euro vor, die die Parteien akzeptierten.
Die Besonderheit in dem vorliegenden Fall liegt darin, dass der streitgegenständliche Vorfall aus 1998 datiert, mithin vor sechzehn Jahren. In all den Jahren war keiner der beklagten
Versicherungen bereit gewesen, auch nur einen einzigen Euro zu zahlen, nicht einmal nachdem die Haftung dem Grunde nach feststand. Selbst bei den Schlussanträgen waren die Prozessvertreter der
Beklagten noch der Ansicht, sämtliche geltend gemachten Ansprüche des Klägers seien "völlig unsubstantiiert", also unbegründet und wollten die Vergleichssumme auf 260.000,- Euro herunterhandeln.
Ärgerlich ist allerdings auch, dass es genau diejenige Kammer, die bereits zuvor mit dem Fall befasst war und sowohl vom Oberlandesgericht, als auch vom Bundesgerichtshof hinsichtlich ihrer
Erstentscheidung klar in die Schranken verwiesen wurde, in dem jetzigen Folgeprozess, wo es nur noch um die Höhe der Ansprüche ging, über einen Zeitraum von über einem Jahr nicht schaffte, einen
Beweisbeschluss zu erlassen. Ein Zeitverlust, der zu Lasten des betagten Geschädigten geht. Allein aufgrund der langen Prozessdauer musste der Kläger sich daher auf den Vergleichsvorschlag
einlassen, der in der Berufungsinstanz vor dem qualifiziert besetzten OLG Koblenz sicher höher ausgefallen wäre. Die gesamten Prozesskosten, die ein Rechtsschutzversicherer zu tragen hat,
übersteigen 200.000,- Euro.
Bundessozialgericht Beschluss vom 19. 02. 2014, Az. B 6 KA 42/13 B
Das BSG hat die Beschwerde eines Arztes zurückgewiesen. Dieser war mit einer Gebühr bestraft worden, da er die durch die KV gesetzte Frist für die Abgabe seiner Unterlagen missachtet und die
Unterlagen für die Abrechnung zu spät eingereicht hatte. Diese Sanktion wurde seitens des BSG als rechtmässig erachtet.
Oberlandesgericht Köln Urteil vom 17.02.2014, Az. 5 U 102/13
Das werkvertragliche Nachbesserungsrecht des Zahnarztes hindert weder den Schadensersatzanspruch des Patienten für die weitere Mängelbeseitigung noch dessen Anspruch auf Schmerzensgeld. Bei einer fehlerhaften zahnprothetischen Behandlung kann der Patient die für die Behebung des Mangels erforderlichen Kosten als Schadensersatz verlangen. Stellt sich heraus, dass das Werk des Zahnarztes für die zahnprothetische Versorgung unbrauchbar ist, kann der Patient nicht nur sein bereits bezahltes Honorar zurückverlangen sondern auch die aus der Weiterbehandlung resultierenden finanziellen Schäden von dem erstbehandelnden Zahnarzt verlangen. Unabhängig davon besteht ein kompensationsfähiger Schmerzensgeldanspruch des Patienten, der auszugleichen ist.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.02.2014, Az. 8 LA 84/13
Das OVG Niedersachsen hat entschieden, dass Alter nicht vor Approbationsentzug schützt, vielmehr sei die Entscheidung über den Entzug der ärztlichen Approbation unabhängig von dem Alter der
betroffenen Person zu treffen.
OVG Lüneburg, Beschluss v. 07. Februar 2014 – 8 LA 84/13
Die Klägerin wandte sich gegen den Widerruf ihrer Approbation und die Rückgabe der Approbationsurkunde. Sie war zuvor wegen Betruges im Jahr 2005 zu einer Geldstrafe, im Jahr 2008 wegen eines
Vergehens nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 des Betäubungsmittelgesetzes ebenfalls zu einer Geldstrafe und im Jahr 2010 wegen Vergehen gegen die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung zu einer
Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
Der Senat weist darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Klägerin bei Entscheidungen über den Widerruf einer Approbation die in einem rechtskräftigen Strafurteil oder auch Strafbefehl
enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen. Ferner
werde die Auffassung des Verwaltungsgerichts geteilt, dass das in den strafgerichtlichen Entscheidungen dokumentierte Fehlverhalten der Klägerin geeignet ist, das Ansehen des Berufsstandes der
Ärzte und das in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. Januar 2014 - Az. 7 U 163/12
Das OLG Karlsruhe hält die ärztliche Patientenaufklärung durch eine Medizinstudentin für wirksam. Eine Patientin hatte im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung durch die Beklagte eine Dissektion
der Arteria femoralis erlitten. Die Aufklärung für diese Behandlung war durch den behandelnden Arzt an eine Medizinstudentin im ersten praktischen Jahr delegiert worden.
Das OLG erklärte, eine solche Delegation sei wirksam, wenn sie dem Ausbildungsstand der ausführenden Person entspricht und unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes
stattfindet. Dabei müsse der Arzt nicht bei jedem Aufklärungsgespräch anwesend sein. Anders als bei einem Eingriff könne kein unvorhergesehener Notfall eintreten, der das sofortige Eingreifen
eines Arztes erforderlich machen würde. Bei außergewöhnlichen Fragen könne jederzeit ein Arzt hinzugezogen und um Rat gefragt werden.
BGH Urt. v. 28.01.2014, Az. VI ZR 143/13 keine übetriebenen Anforderungen an die Aufklärung
Von den Instanzgerichten übertriebene, beweisrechtliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung sind teilweise zu streng
An den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäß durchgeführten Aufklärung dürfen keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden.
Der Tatrichter habe bei der Beweiswürdigung die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen, wie die Gefahr, dass sich aus dem Missbrauch einer Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Der Bundesgerichtshof betont, dass dem Arzt im Zweifel zu glauben ist, wenn ein Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht worden ist und bekundet wird, dass die Aufklärung im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen sei. Selbst dann, wenn sich der jeweilige Behandler an den konkreten Inhalt des Gespräches nicht mehr erinnern könne, führe dies nicht dazu, dass von einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung auszugehen ist. Es sei auch zu berücksichtigen, dass sich Patienten aus mehrerlei Gründen zum Teil an den genauen Inhalt der Gespräche gar nicht mehr erinnern können. Es bedürfe jedenfalls einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände. Schriftliche Aufzeichnungen in der Behandlungsdokumentation über das Aufklärungsgespräch sowie den wesentlichen Inhalt seien nützlich und dringend zu empfehlen. Das Fehlen solcher Aufzeichnungen dürfe allerdings nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig bleiben würde. Entscheidungserheblich sei ausschließlich das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient.
Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auch dann auf Angaben des Arztes über ein regelmäßig inhaltsgleich geführtes Aufklärungsgespräch stützen, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben. Eine hinreichende Aufklärung kann selbst dann allein auf Angaben des sich nicht erinnernden Arztes gestützt werden, wenn das aufklärungspflichtige Risiko weder im Aufklärungsbogen noch in der Patientenkartei bzw. an anderer Stelle beschrieben ist.
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung entlastet den Arzt hinsichtlich seiner Beweispflichtigkeit eines Aufklärungsgespräches erstaunlich stark, zumal es im konkreten Fall um die Aufklärung über eine in der Praxis höchst seltene - und dann tatsächlich aber erforderliche - Operationserweiterung durch Herstellung eines „hypothermen Kreislaufstillstands“ ging und in den Aufklärungsbögen zur durchgeführten Herzklappenoperation nur die „konservative“ Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-Lungen-Maschine beschrieben war und jeglicher Hinweis auf eine Operationsmethode mittels hypothermen Kreislaufstillstandes fehlte.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Aufklärung wurde festgestellt, dass das maßgebliche Aufklärungsgespräch am 02. Februar 2004 und die Operation erst am 11. März 2004 stattgefunden hatten. Dennoch war die Aufklärung nicht „entaktualisiert“.
Der Beschluss ist auch unter: NJW 2014, 1527 ff. zu finden.
BGH, Urteil vom 21.01.14 – VI ZR 78/13
Behandelt wurden das Thema der Amtshaftung eines Arztes mit den Regelungen der §§ 839 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, § 278 BGB. Der Tenor lautet, dass die ärztliche Heilbehandlung regelmäßig nicht
in Ausübung eines öffentlichen Amts erfolgt.
Eine Amtshaftung gem. § 839 BGB kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Arzt eine dem Hoheitsträger selbst obliegende Aufgabe erledigt und ihm insoweit ein öffentliches Amt so z.Bsp. als Mitglied einer Ethikkommission anvertraut ist.
Nicht ausreichend um ein öffentliches Amt zu bekleiden oder auszuüben sei es, dass sein Patient im Staatsdienst beschäftigt ist. Sollte ein Arzt erkennen, dass umgehend weitere diagnostische Massnahmen erforderlich sind, um einen drohenden Gesundheitsschaden abzuwenden und sollte er die Verlegung in ein für die Durchführung der Diagnostik hinreichend ausgestattetes Krankenhaus auf den nächsten Tag verschieben, so liegt ein Befunderhebungsfehler kein Diagnosefehler vor. Ein Krankenhausträger haftet einem Patienten für Arztfehler eines Konsiliararztes als seines Erfüllungsgehilfen aus Vertrag (§ 278 BGB), wenn der Konsiliararzt hinzugezogen wird, weil es dem Krankenhaus an eigenem fachkundigen ärztlichen Personal mangelt, der Krankenhausträger mit den Leistungen des Konsiliararztes seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten (hier: im Rahmen einer Schlaganfalleinheit) erfüllt und die Honorierung des Konsiliararztes durch den Krankenhausträger erfolgt. Ein Anspruch aus Amtshaftung gem. § 839 BGB kommt hingegen nicht in Betracht.
Sozialgericht Marburg Urteil vom 20.01.2014, Az. S 12 KA 117/13
Ein MVZ kann nicht Gründer und Gesellschafter eines weiteren MVZ sein. Zu dieser Feststellung kam das SG Marburg. Das MVZ darf nicht selbst nicht zum Gründerkreis anderer MVZ gehören. Gemäß § 72
Abs. 1 S. 2 SGB V gelten die Vorschriften des entsprechenden Kapitels des Sozialgesetzbuches, soweit sie sich auf Ärzte beziehen, entsprechend für MVZ sofern nichts Abweichendes bestimmt ist. In
der gesetzlichen Aufzählung der legitimierten Gründer sah das SG Marburg allerdings eine solche abweichende Bestimmung, die ein MVZ vom Gründerkreis ausschliesse.
BGH Beschluss vom 16. Januar 2014 – 1 StR 389/13 - Schmerzpflaster-Fall
1. Wer eine fremde Selbstgefährdung veranlasst, macht sich nicht wegen Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten strafbar, wenn sich das mit der Gefährdung bewusst eingegangene Risiko
realisiert.
2. Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen eigenverantwortlicher Selbstgefährdung und einverständlicher Fremdgefährdung ist die Trennungslinie zwischen Täterschaft und Teilnahme.
3. Die Beurteilung der Überlegenheit des Sachwissens setzt Feststellungen zum Wissensstand sowohl des die Selbstgefährdung Fördernden als auch des sich selbst Gefährdenden voraus.
Um die Tatherrschaft eines Arztes bei Missbrauch von verschriebenen Fetanyl-Schmerzpflastern durch einen suchtgefährdeten Patienten und die Frage der Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit
Todesfolge ging es in einem Beschluss des 1. Strafsenats. Die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge hielt revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
Abgrenzungsfragen zur Tatherrschaft im Zusammenhang mit der missbräuchlichen Verwendung von verschriebenen Substitutionsmedikamenten durch den Patienten spielten auch noch in einem weiteren
Strafverfahren eine Rolle (Urteil vom 28. Januar 2014 – 1 StR 494/13 – BGHSt 59, 150 ff. = GesR 2014, 219 ff. = NJW 2014, 1680 ff.)
.Die dort ergangene Entscheidung verhält sich zudem allgemein
zur „begründeten Anwendung“ i.S.d. § 13 Abs. 1 BtMG bei der ärztlichen Verschreibung von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie opiatabhängiger Patienten. Was die Tatherr- schaft
anbelangt begründet die Stellung eines behandelnden Substitutionsarztes für sich allein bei missbräuchlicher Verwendung des verschriebenen Substitutionsmedikaments durch den Patienten keine
Handlungsherrschaft des Arztes. Ein Arzt kann in solchen Konstellationen lediglich als Täter eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts strafbar sein, wenn die selbstschädigende oder
selbstgefährdende Handlung des Patienten nicht eigenverantwortlich erfolgte.